Vom hybriden Krieg bis zum Waffenkauf: Belarus wird von außen bedroht

In dieser Woche richteten sich die von den kremlfreundlichen Medien veröffentlichten Desinformationsnarrative vor allem gegen Belarus.
Es bestehen viele verschiedene Möglichkeiten, die Desinformation mit all ihren Techniken, Narrativen und Instrumenten zu betrachten. Einer dieser Ansätze, der ein tiefgreifenderes Verständnis bietet, ist der AMITT-Rechtsrahmen (Adversarial Misinformation and Influence Tactics and Techniques; Taktiken und Techniken der feindlichen Fehlinformation und Beeinflussung). Er beruht auf den Standards und Werkzeugen, die in der Informationssicherheitsgemeinschaft eingesetzt werden. Diese wurden jedoch so geändert, dass die aufgeführten Techniken, einschließlich Desinformation, zur Aufdeckung und Unterbrechung von Einflussoperationen angewandt werden können.
Die in dieser Woche gesammelten Fälle von Desinformation betreffen unter anderem Belarus. Dazu gehören eher unangenehme Narrative wie: Ein hybrider Krieg bedroht das Land; der Westen plant, Belarus von Russland loszureißen und der böse Westen führt einen Informationskrieg.
Darüber hinaus wird vom Regime in Belarus mit dem massenweisen Ankauf von Waffen auf die „Feindseligkeiten und Provokationen aus der Ukraine“ reagiert, obwohl die Ukraine in Wahrheit keinerlei Pläne verfolgt, ihr Nachbarland zu destabilisieren. Mit anderen Worten: In den oben genannten Fällen wird behauptet, dass Belarus einer bösartigen Bedrohung von außen ausgesetzt ist.
Fakten verdrehen
Im AMITT-Rechtsrahmen werden zehn verschiedene Techniken zur Verbreitung von Desinformationen und zur Manipulation des Publikums aufgelistet, darunter die Erstellung von gefälschten Forschungsergebnissen, die Weitergabe gefälschter Dokumente (zu den auf EUvsDisinfo veröffentlichten Beispielen gehören ein gefälschter Brief und ein gefälschter Ausweis) und die Erzeugung von Informationsverschmutzung (wie im Fall Skripal). Andere Beispiele dafür, wie man die Welt so verändern kann, dass sie den kremlfreundlichen Fakten entspricht, sind die Leugnung der Beteiligung (die immer noch in Bezug auf die Ukraine Verwendung findet) und das Einfordern von Beweisen (im Fall des tragischen Absturzes von Flug MH17).
Desinformation dreht sich oft um einen wahren Kern. In dieser Woche haben wir zwei Beispiele entdeckt, bei denen Inhalte aus einer angesehenen Quelle so angepasst wurden, dass sie in das kremlfreundliche Weltbild passen. Erstens: Die französische Ausgabe von Sputnik gab einen Artikel der Financial Times falsch wieder, indem sie fälschlicherweise behauptete, die Sanktionen der EU und der USA hätten die russische Wirtschaft angekurbelt. Zweitens: Sputnik verzerrte auch eine Recherche von CNN, um die Theorie zu stützen, dass die CIA die Beziehungen zwischen Minsk und Moskau destabilisierte. In Wirklichkeit nahm die CIA bei der fraglichen Operation keine führende Rolle ein.
Kanäle
AMITT listet auch viele Kanäle in sozialen Medien auf, die zur Förderung und Verbreitung verzerrter Nachrichten genutzt werden können. Eine Möglichkeit festzustellen, wie die vom Kreml kontrollierten Medien diese Möglichkeiten nutzen, und auch die Wirksamkeit ihrer Arbeit zu messen, ist zu prüfen, wie oft ein Artikel in den sozialen Medien positive Resonanz erhalten hat, geteilt und kommentiert wurde.
Bei Betrachtung der in diesem Text erwähnten Beispiele für desinformierende Inhalte gibt es für den Bereich der sozialen Medien eine Erkenntnis: die einzigen erfolgreichen Artikel, die in den sozialen Medien veröffentlichtet wurden, stammten von Sputnik Frankreich, mit 791 Interaktionen für den FT-Artikel und 70 Interaktionen für den Artikel, der sich auf die CNN-Recherche bezog.
Verstärkung
Zusätzlich zu den sozialen Medien werden in dem Rahmen auch Websites Dritter aufgeführt, die zur weiteren Verbreitung der Botschaften geeignet sind. Ein gutes Beispiel ist die mit Verweis auf Sputnik Arabisch auf sechs arabischen Websites verbreitete falsche Behauptung, der Westen habe 5 Milliarden Dollar zur Unterstützung des Putsches in der Ukraine beigetragen.
Unsere Datenbank für Desinformationsfälle enthält außerdem viele arabische Fälle, in denen mehr als zehn Medien dieselbe Nachricht verbreiteten, die oft von RT oder Sputnik stammten.
In die Verlängerung gehen
Der AMITT-Rechtsrahmen schließt mit Techniken, die das Fortbestehen von Desinformationsaktivitäten beschreiben. Bei Betrachtung unserer Datenbank für Desinformationsfälle und bei einer Vorhersage der Aktivitäten des Kremls in die Zukunft wird klar, dass Desinformation nicht vergänglich ist und nicht wie der Morgennebel verschwinden wird. Sie werden jedoch eine ähnliche Wirkung auf die Sicht der Menschen auf die Welt haben wie Dunst oder Smog.