Read this article in EN RU IT ES FR DE PL UA RO

Wer solche Freunde hat …

März 09, 2023

Ein Jahr nach Beginn der groß angelegten Invasion der Ukraine durch Russland steht die Weltgemeinschaft nach wie vor solidarisch hinter der Ukraine. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen sandte die klare Botschaft aus, dass die Welt eine Straffreiheit des Kremls nicht akzeptiere. Kremlfreundliche Desinformationskanäle und ihre Unterstützer scheinen das begriffen zu haben. Sie versuchen nun, ihr Publikum zu täuschen, indem sie behaupten, die Weltgemeinschaft unterstütze Russland.

Bitte nicht lachen!

Im Mittelpunkt dieser Bemühungen stand in der letzten Woche das Treffen der G20-Außenminister im indischen Neu-Delhi. Das kremlfreundliche Desinformationsnetz war voll von dreisten Behauptungen über Russlands diplomatischen Erfolg auf dem Gipfel. Diese stehen jedoch im krassen Widerspruch zur Realität, denn die Reaktionen auf die „Friedensverhandlungen“, die der russische Außenminister Sergej Lawrow auf dem Treffen vorschlug, reichten von offener Verurteilung bis hin zu einer höflichen, doch entschiedenen Ablehnung, den unwilligen Opfern Verhandlungen aufzuzwingen.

Der bezeichnendste Vorfall, der alle Behauptungen über den Erfolg der russischen „Freundschaftsmission“ ad absurdum führt, ereignete sich am Rande des G20-Treffens, auf der Raisina-Konferenz 2023. Dort behauptete Lawrow allen Ernstes, der Krieg sei „gegen uns begonnen“ worden, was zu lautem, ungläubigem Gelächter im Publikum führte. Da die kremlnahen Desinformationsmedien den Auftritt ihres Außenministers nicht aus ihrer Berichterstattung ausklammern konnten, griffen sie zum maximalen Manipulationsmittel, das ihnen zur Verfügung stand: Sie stellten das Gelächter einfach leiser. Natürlich war die Erklärung, man führe lediglich einen „Verteidigungskrieg“, nur das Echo der manipulativen Verlautbarungen, die Lawrows Chef im Kreml seit Monaten von sich gibt.

Ihre Suche nach Freunden betrieben die Akteure der russischen Manipulations- und Desinformationspolitik auch über den G20-Gipfel hinaus. Weitere Beispiele hierfür sind das Ausgraben alter antieuropäischer Vorwürfe des Neokolonialismus und die manipulative Darstellung der afrikanischen Ressentiments gegenüber Europa. In diesem Zusammenhang wurden irreführende Bilder von Protesten oder Demonstrationen verbreitet und fälschlicherweise mit einer ausdrücklichen Unterstützung Russlands gleichgesetzt.

Im Zweifelsfall gegen die USA

Bekannte russische Propagandisten, darunter der vom Westen sanktionierte Dmitri Kisseljow, nutzten auch die Gelegenheit, das kurze Treffen zwischen US-Außenminister Antony Blinken und Lawrow unzutreffenderweise als gnädige Geste des guten Willens Russlands gegenüber den USA darzustellen. In Wahrheit verhielt sich die USA diplomatisch korrekt und bekräftigte ihre Bereitschaft zur strategischen Rüstungskontrolle, nachdem Russland das New-START-Abkommen leichtsinnigerweise ausgesetzt und damit die strategische Stabilität weiter untergraben hatte.

Wie ein Junge, der auf dem Schulhof seine Mitschüler drangsaliert, maskiert Russland seine Unsicherheit mit falschem Draufgängertum. Russland kann nicht verstehen, warum die Opfer seiner Aggression nicht Freundschaft mit ihm schließen wollen.

Puppentheater vor wenig Publikum

Vielleicht ahnten die kremlfreundlichen Desinformationskanäle, dass ihre Erfolgsmeldungen auf tobe Ohren stoßen könnten. Deshalb versuchten sie den Eindruck zu erwecken, als ob die immer engeren chinesisch-russischen Beziehungen der „US-Hegemonie“ die Stirn biete. Die russischen Kanäle, die das von China zunehmend favorisierte antiamerikanische Narrativ verbreiteten, sind offensichtlich Teil der kremlnahen Manipulationskampagne, mit der die Weltgemeinschaft von dem falschen Narrativ „Der Westen gegen den Rest der Welt“ überzeugt werden soll. Das Loblied auf Chinas Wirtschaftskraft und seine Widerstandskraft gegenüber „westlichem Zwang“ scheint ein unbeholfener, aber typisch russischer Versuch zu sein, mit manipulativer Informationspolitik um Freunde zu werben. Doch wie beim Stummschalten des lachenden Publikums gilt auch hier: Nur weil man verzweifelt so tut, als ob etwas wahr wäre, muss es nicht unbedingt wahr sein.

Allein auf weiter Flur

Während sich manche kremlfreundlichen Kanäle auf die Suche nach Freunden für Russland begaben, versuchten andere, das Verhältnis zwischen den westlichen Verbündeten zu trüben. Mit einer Inbrunst, die man nur als Eifersucht bezeichnen kann, konzentrierten sich kremlnahe Propagandisten auf den deutsch-amerikanischen Gipfel und versuchten, einen Keil in die deutsch-amerikanischen Beziehungen zu treiben. Sie stellten Deutschland als egoistisch und unzuverlässig dar und machten sich sogar offen darüber lustig, dass es sich bereitwillig den amerikanischen Launen unterwerfe.

Doch wenn auch nur eine dieser Behauptungen und Anschuldigungen wahr wäre – müssten die prorussischen Desinformationskrämer dann wirklich so viel Zeit und Geld dafür aufwenden? Viel wahrscheinlicher ist es, dass sie diese Einheit untergraben möchten, weil sie sich der Wahrheit schmerzlich bewusst sind: Die USA und Deutschland ziehen an einem Strang, wenn es darum geht, der Ukraine die notwendige Unterstützung im Kampf gegen die russische Großinvasion zukommen zu lassen.

Festung Russland

Um sich nach mehreren Seiten abzusichern und die vom Kreml geförderte Belagerungsmentalität zu nähren, spielten Desinformationskanäle die Terrorismusgefahr hoch, indem sie wilde Theorien über die jüngsten Ereignisse in Brjansk aufstellten. Sich selbst als belagerte „Festung Russland“ darzustellen, ist eine bekannte kremlfreundliche Manipulationstaktik: Hier wird die Opferrolle als Waffe eingesetzt, mit der man um Unterstützung für Russlands eigene unentschuldbare Taten werben möchte. Das Gleiche gilt für die Behauptungen, die Ukraine sei ein terroristischer Staat oder die EU unterstütze angebliche terroristische Attacken der Ukraine gegen Russland.

Ergänzt wird dieses paranoide Belagerungsnarrativ noch durch Panikmache und Lügen über „schmutzige Bomben“ und geheime psychotrope US-Waffen, denn Angst gehört zu den bevorzugten Manipulationsmitteln des Kremls. Lassen Sie sich nicht täuschen.

Diese Woche auch auf dem Radar von EUvsDisinfo: